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Klinik Berus
Zentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin
Orannastr. 55
66802 Überherrn-Berus
Mail: klinikberus@ahg.de

Behandlungsschwerpunkt Pathologisches Spielen:

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Ursachen

Behandlungsziele  

Stationäre Therapie 

Untersuchung zum Therapieerfolg  

Ansprechpartner 

Ergänzende Therapieangebote 

Klinik Berus Online 

Klinik-Logo Pathologisches Spielen

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Woran erkennt man pathologisches Spielen? 

Pathologisches Spielen äußert sich in vielfältigen Symptomen:

  • Die Betroffenen sind stark eingenommen vom Glücksspiel: intensive Beschäftigung mit gedanklichem Nacherleben vergangener Spielerfahrungen, mit Verhindern oder Planen der nächsten Spielunternehmungen, Nachdenken über Wege, Geld zum Spielen zu beschaffen. 

  • Die Betroffenen müssen mit immer höheren Einsätzen spielen, um die gewünschte Erregung zu erreichen. 

  • Die Betroffenen haben wiederholt erfolglose Versuche unternommen, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben. 
  • Die Betroffenen sind unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder aufzugeben. 

  • Die Betroffenen spielen, um Problemen zu entkommen oder um negative Stimmungen (z.B. Gefühle von Hilflosigkeit, Schuld, Angst, Depression) zu bewältigen. 

  • Die Betroffenen kehren oft, nachdem sie beim Glücksspiel Geld verloren haben, am nächsten Tag zurück, um den Verlust auszugleichen
  • Die Betroffenen belügen z.T. Familienmitglieder, die TherapeutInnen oder andere, um das Ausmaß der Verstrickung in das Spielen zu vertuschen. 

  • Die Betroffenen haben u.U. illegale Handlungen wie Fälschungen, Betrug, Diebstahl oder Unterschlagung begangen, um das Spielen zu finanzieren. 

  • Die Betroffenen haben wichtige persönliche Beziehungen, ihren Arbeitsplatz, Ausbildungsplatz oder berufliche Aufstiegschancen wegen des Spielens gefährdet bzw. verloren. 

  • Die Betroffenen verlassen sich darauf, daß andere ihnen Geld bereit stellen, um die durch das Spielen hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden.

(nach DSM-IV)

 

Ursachen

Welche Ursachen kann pathologisches Spielen haben?

An der Entstehung und Aufrechterhaltung des pathologischen Spielens können vielfältige Ursachen beteiligt sein. In der Regel handelt es sich um eine Flucht vor Konfliktsituationen, z.B. bei: 

  • beruflicher Überforderung

  • Kommunikationsproblemen 

  • Partnerschaftsproblemen 

  • Depressionen und Sinnkrisen 

  • Schwierigkeiten mit einer sinnvollen Freizeitgestaltung 

  • sozialen Problemen 

  • Suchtproblemen.

 

Behandlungsziele

Was sind die Behandlungsziele?

Übergeordnetes Therapieziel ist es, die dem pathologischen Spielen zugrundeliegenden Probleme oder Erkrankungen zu bewältigen und das Glücksspiel aufzugeben (Spielabstinenz).

Wie behandeln wir pathologisches Spielen?

Zur Vorbereitung findet ein Vorgespräch statt.

Schwerpunkte der Behandlung sind: 

  • Hilfestellung zur Eingewöhnung durch Fremdkontrollmaßnahmen 

  • Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells für das pathologische Spielen 

  • Anleitung zum Geldmanagement 

  • Bearbeitung der Hintergrundproblematik/ persönlichen Konfliktsituation 

  • Erarbeitung einer sinnvollen Zukunftsperspektive 

  • Aufbau von Selbstkontrolle und Eigenverantwortung 

  • Hilfen zur Schuldenregulierung 

  • Stabilisierung der gelernten Strategien 

  • Vorbereitung auf das häusliche Milieu 

  • Klärung der Nachsorge.

Dies soll mit folgenden Behandlungsangeboten erreicht werden:

Und je nach individueller Problemsituation:

 

Die stationäre Therapie von pathologischem Spielen

Die stationäre Therapie beinhaltet im wesentlichen drei zeitlich variierende Schwerpunktphasen

1. Behandlungsphase: 

In der ersten Phase werden neben der medizinischen und psychiatrischen Diagnostik eine ausführliche Verhaltensanalyse über das Spielverhalten und die Hintergrundprobleme der PatientInnen erstellt und die langfristige Motivation geklärt. Danach wird ein Therapievertrag vereinbart, in dem u.a. für die Anfangsphase der Umgang mit Geld und Ausgangsregelungen als Fremdkontrollmaßnahmen festgelegt werden. In dieser ersten Phase werden auch die Therapieziele definiert, ferner wird ein plausibles, verhaltenstherapeutisch geleitetes Erklärungsmodell des Spielens erarbeitet (z.B. positives Verstärkermodell nach kurzfristigen Gewinnen und Fluchtmodell bei Alltagsproblemen).

2. Behandlungsphase: 

In der zweiten Phase liegt der Schwerpunkt auf der Bearbeitung der Hintergrundproblematik, die bei pathologischen Glücksspielern z.B. aus Partnerschafts- und Familienschwierigkeiten, beruflichen Problemen, Depressionen, Verlust an Sinnorientierung, Unfähigkeit zu einer angemessenen Freizeitgestaltung sowie Kontakt- und Kommunikationsstörungen bestehen können. Darüber hinaus findet in der zweiten Phase ein schrittweiser Aufbau von Selbstkontrolle statt. Der Patient bzw. die Patientin erlernt z.B. eine Bewältigungsstrategie zur Distanzierung von real gegebenen oder erwarteten Versuchungssituationen und Impulsen zum Spielen.

Begleitend zur Einzeltherapie ist die Teilnahme an der Spielergruppe verpflichtend. Hier geht es zum einen um die Vermittlung von Informationen (z.B. Funktionsweisen von Geldautomaten, magisches Denken usw.). Zum anderen besteht der wesentliche Baustein in der Bearbeitung der dem Spielen zugrundeliegenden Hintergründe und Zusammenhänge. Der Einstieg in die Spielergruppe ist jederzeit möglich, was den Vorteil bietet, daß sogenannte "alte Hasen" als therapeutisches Modell für Therapieanfänger dienen. Die Gruppenteilnehmer werden durch schriftliche Informationen über das Ziel und die Gruppenregeln vorbereitet. In der Spielergruppe werden mit den einzelnen Patienten die ihrem Spielen zugrundeliegenden typischen Verhaltensmuster (Flucht vor Verantwortung, Unehrlichkeit, Selbstüberschätzung) erarbeitet. Hier ist es das Ziel, daß die Spieler zum einen das Spielen im Sinne eines verhaltenstherapeutisch geleiteten Modells verstehen und zum anderen eine zielorientierte Veränderung eingeleitet wird. Bei der intensiven Auseinander- setzung werden bei vielen Spielern neben der krisenhaften Zuspitzung in den o.g. Bereichen auch die oft nicht eingestandenen Ängste vor Einsamkeit bzw. allein gelassen zu werden, Angst vor Ablehnung, Suche nach Geborgenheit deutlich, die oft schon seit früher Kindheit durch starke Verwöhnung oder einen inkonsequenten Erziehungsstil, fehlende angemessene Modelle durch Abwesenheit des Vaters beispielsweise überkompensiert wurden. In der Gruppe ist immer wieder die ausgeprägte Fähigkeit der meisten Spieler zu bestaunen, beim jeweils anderen schonungslos die Schlichen und Tücken zu erkennen, die zum Spielen geführt haben, demgegenüber eine häufig ebenso erstaunliche Unfähigkeit, eigenes Problemverhalten angemessen wahrzunehmen. Neben der stimmigen, plausiblen Erklärung durch die Gruppe, die das in der Einzeltherapie erarbeitete Erklärungsmodell ergänzt, geht es um eine realistische Lösungsperspektive, wobei auch die Gruppe als Korrektiv für überhöhte und unrealistische Perspektiven dient. 

Je nach individueller Indikation nehmen die Spieler zusätzlich an weiteren verhaltenstherapeutischen Gruppen teil (z.B. Selbstsicherheitsgruppe, Entspannungstraining, Depressionsgruppe) sowie an Gruppen der Abteilung für Rehabilitationspädagogik (Sport-, Ergo- und Soziotherapie) und der Physiotherapie. Auch der Umgang mit den oft hohen Schulden wird bei soziotherapeutischer Beratung im Sinne einer Schuldnerberatung vorbereitet bzw. unmittelbar zu klären versucht. 

3. Behandlungsphase: 

In der dritten Phase werden die Problemlösestrategien, die zur Bewältigung der Hintergrundproblematik erarbeitet wurden, zu stabilisieren versucht. Die Selbstkontrolle festigt sich durch ein zunehmend eigenverantwortliches Umgehen mit Situationen und Bedingungen, die früher zu unkontrolliertem Spielen geführt hatten. Es wird ausführlich über mögliche Rückfälle gesprochen, wobei neben der Analyse der konkreten Bedingungen zum Rückfall v.a. auch die Frage beantwortet wird, was der Patient bzw. die Patientin lernen muß, um Krisensituationen besser bewältigen zu können. Schließlich erfolgt die Vorbereitung auf die nachstationäre Zeit. Die Patienten sollen die Therapie in ambulantem Rahmen (ambulante Psychotherapie, Beratungsstelle, Selbsthilfegruppe) weiterführen. Hierfür wird versucht, die entsprechende Motivation aufzubauen und weiterführende Anlaufstellen zu vermitteln.  

 

Untersuchung zum langfristigen Therapieerfolg einer stationären Verhaltenstherapie des pathologischen Glücksspielens: 

Eine Katamnesestudie zum langfristigen Therapieerfolg der stationären Verhaltenstherapie des pathologischen Spielens in der Klinik Berus (Schwickerath, J., Keßler, B., H., Dinger- Broda, A., Engelhardt, W. 1996) ergab, daß 16 von 23 nachbefragten PatientInnen, die im Zeitraum der Jahre 1987 bis 1992 in unserer Klinik wegen pathologischem Spielen behan- delt worden waren, zum Zeitpunkt der Befragung 1993 eine Verbesserung angaben. Die positive Veränderung betraf sowohl das Spielverhalten als auch einzelne problematische Lebensbereiche ein bis sechs Jahre nach dem stationären Aufenthalt. Beispielsweise wa- ren bei diesen 16 PatientInnen die Häufigkeit des Spielens und die beim Spielen verbrachte Zeit im Vergleich zum Therapiezeitpunkt deutlich zurückgegangen. Auch die subjektive Belastung durch die Spielschulden und die Einschätzung der Problematk des Spielverhaltens insgesamt waren zum Katamnesezeitpunkt zurückgegangen. Weiterhin gaben 17 der 23 PatientInnen an, daß sich ihre allgemeine Lebenssituation zum Nachbefragungszeitpunkt verbessert habe. Die Einschätzung der Problematik der vorgegebenen Bereiche Partnerschaft/Familienleben, finanzielle Situation, seelisches Wohlbefinden, körperliche Gesundheit, Berufstätigkeit/Ausbildung, Ehrgeiz/ Leistungsfähigkeit, Kontakte zu anderen Menschen und Freizeitmöglichkeiten war zum Nachbefragungszeitpunkt wesentlich günstiger als zum Therapiezeitpunkt. Insgesamt konnte dies als Erfolg gewertet werden. Bei 7 PatientInnen zeigte sich keine bzw. keine wesentliche Verbesserung des Spielverhaltens und der problematischen Lebensbereiche. Die Erfolgsquote betrug damit zwei Drittel, wobei die relativ geringe Anzahl der befragten PatientInnen die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse einschränkt. 

Ansprechpartner: 

Dipl.-Psych. Josef Schwickerath
Leitender Psychologe

 

Ergänzende Therapieangebote

Problemlösegruppe

In einer interaktionellen Problemlösegruppe soll den PatientInnen am Beispiel ihrer spezifischen und individuellen Problematik ein neues angemessenes Problemlöseverhalten vermittelt werden. Auf der Basis lerntheoretisch orientierter gruppentherapeutischer Konzepte werden die TeilnehmerInnen dazu angeleitet, ihre Probleme zu diskutieren, ihr Problemverhalten realitätsbezogen zu analysieren und alternative Problemlösestrategien bzw. Lösungsschritte zu entwickeln. Dabei wird das Interaktionsverhalten in der Gruppe für die Analyse problematischer, aber auch förderlicher und lösungsorientierter Einstellungen und Verhaltensweisen genutzt (z.B. beim Austausch gegenseitiger Rückmeldungen zum Sozialverhalten). Durch die Gruppensituation erlernen die PatientInnen am Modell des jeweils im Mittelpunkt stehenden Protagonisten lösungsorientiertes Verhalten, gleichzeitig kann die Gruppe im Rollenspiel neue Verhaltensweisen auf ihren Nutzen und die Alltagstaug- lichkeit hin überprüfen. Dieses Üben im sicheren sozialen Umfeld ermöglicht es vielen PatientInnen zum ersten Mal, ihren oft seit Jahrenreduzierten und eingeengten Verhaltensspielraum zu erweitern.

Depressionsbewältigungsgruppe

Geeignet ist diese Gruppe für PatientInnen aller depressiven Störungen, die passives Verhalten, Rückzugsverhalten und typische depressive Denkmuster zeigen, wie z.B. selektive Wahrnehmung und Gewichtung negativer Ereignisse, voreiliges Schlußfolgern und Verallgemeinern aufgrund negativer Ereignisse, schnelles Aufgeben nach Mißerfolgen oder internale Schuldattribution. Behandlungsziel ist hier das Erlernen von Strategien zur besseren Bewältigung depressiver Verstimmungen: Reduktion von depressionsfördernden Verhaltensweisen wie Passivität und Rückzug bzw. Aufbau positiver Aktivitäten sowie Änderung depressionsfördernder Denkmuster.

Selbstsicherheitstraining

Ein in Großteil psychosomatisch oder neurotisch erkrankter PatientInnen hat im Bereich sozialer Kompetenz ein deutlich eingeschränktes Verhaltensrepertoire und zeigt Verhaltensdefizite, die wiederum zur Aufrechterhaltung ihrer Symptomatik beitragen. Hierzu gehört z.B. die mangelnde Fähigkeit, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse angemessen zu äußern, sich durchzusetzen oder Forderungen anderer abzulehnen. Das Selbstsicherheitstraining basiert auf dem von Ullrich und Ullrich entwickelten Assertivness-Trainingsprogramm; d.h. sozial angemessenes Verhalten wird anhand von standardisierten Beispielsituationen in Rollenspielen geübt. 

Entspannungstraining

Die PatientInnen lernen in dieser Gruppe verschiedene Methoden zur Entspannung kennen, die sie in ihrer Freizeit regelmäßig einüben sollen. Im Vordergrund steht die Methode der progressiven Relaxation nach Jakobson. Diese Methode ist ein relativ leicht erlernbares Verfahren, einzelne Muskelgruppen schnell und spürbar zu entspannen. Darüber hinaus werden auch verschiedene Methoden zur Tiefenentspannung bzw. imaginative Entspannungsverfahren angewandt. Ziel ist, Entspannungsreaktionen in solchen Situationen aktiv einsetzen zu können, in denen bisher mit Anspannung und Erregungssteigerung reagiert worden ist.

Sporttherapeutische Gruppe

Die sporttherapeutische Gruppe ist ein Angebot für körperlich gesunde, gut trainierte PatientInnen mit hohen Ansprüchen an die eigene Leistungsfähigkeit und hoher Eigenaktivität. Hier werden die (oft zu hohe) Leistungsfixierung thematisiert, Kriterien einer gesundheitlich sinnvollen Belastungsdosierung theoretisch und praktisch vermittelt, die Wahrneh- mung der eigenen Leistungsgrenzen trainiert und positive Bewegungs- und Körpererfahrungen unterhalb der Belastungsgrenze erlebbar gemacht.

Kreatives Gestalten

Diese Gruppe dient zur Entwicklung von Phantasie und Kreativität. Über die taktile Wahrnehmung und direkte Formbarkeit des Materials (z.B. Ton) können sich PatientInnen als aktive GestalterInnen erleben. Hier kommt es nicht darauf an, Gebrauchsgegenstände herzustellen, sondern im figürlichen Arbeiten einen persönlichen Ausdruck und über den Aufbau positiver Aktivitäten wieder mehr Lebensfreude zu entwickeln.


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Für weitere Informationen über unsere Klinik besuchen Sie bitte unsere Klinik-Homepage oder nehmen Sie mit uns Kontakt auf - wir senden Ihnen gerne entsprechendes Informatiosmaterial zu.

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© Dezember 1999 Klinik Berus - Zentrum für Psychosomatik und Verhaltensmedizin - Created by P. Follert & J. Schwickerath

 

 

 

 


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