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Glücksspiel - Zahlen und Fakten
von Gerhard Meyer, Universität Bremen
Grazer Str. 4, 28359 Bremen
Tel.: (0421) 218-2193
Fax: (0421) 218-4600
Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt und Einnahmen des Staates
Die Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt (ohne Soziallotterien)
beliefen sich in 1996 auf rd. 43,3 Mrd. DM, nach 41,7 Mrd. DM
in 1995 (Tab. 1). Dies entspricht einer Umsatzsteigerung von 3,7%,
die damit deutlich über dem Anstieg des gesamtwirtschaftlichen
Konsums in Höhe von 1,5% in 1996 liegt.
Tabelle 1: Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt (in Mio. DM)
|
Erhebungsjahr |
Glücksspiel |
1974
|
1982
|
1992
|
1994
|
1995
|
1996
|
Veränderung in 1996 gegenüber Vorjahr in % |
Spielbank;
- Roulette, Glücksspielautoma-
ten, Black Jack, Baccara |
|
|
|
|
|
|
|
Spielhalle/Gaststätte
- Geldspielautomaten mit
Gewinnmöglichkeit |
|
|
|
|
|
|
|
Deutscher Lotto- und Toto-Block:
- Zahlenlotto
- Fußballtoto
- Rennquintett
- Spiel 77
- Super 6
- Glücksspirale
- Rubellotterien
Gesamt |
|
|
|
|
|
|
|
Klassenlotterie:
- Nordwestdeutsche
- Süddeutsche |
90
|
182
|
819
|
782
|
882,5
|
903,0
|
+ 7,5
|
Fernsehlotterie:
- ARD
- ZDF |
|
56
|
128
|
115
|
129,2
|
128,8
|
- 0,3
|
Sparkasse/Bank
- PS-Sparen
- Gewinnsparen |
|
316
|
498
|
533
|
550,0
|
566,0
|
+ 2,9
|
Pferderennen
- Galopper (Totalisator)
- Traber ( Totalisator)
- Buchmacher |
104
|
193
|
254
|
281
|
279,5
|
271,2
|
- 3,0
|
Gesamtumsatz |
|
|
|
|
41.696,2
|
43.296,7
|
+ 3,7
|
Quelle:?Archiv- und Informationsstelle der deutschen Lotto- und
Toto-Unternehmen,
?Institut für Wirtschaftsforschung, eigene Erhebung
Einen erneuten Rückgang der Umsätze hat der Deutsche Lotto- und
Totoblock zu verzeichnen. Die Einbußen lagen insgesamt bei 1,6%,
beim größten Umsatzträger, dem Lotto "6 aus 49", fielen sie mit
0,6% noch am geringsten aus. Weniger Geld setzten die Spieler
vor allem in den Bundesländern ein, die noch nicht über das Online-System
in den Annahmestellen verfügen. Die Erhöhung der Spieleinsätze
(von 1,25 auf 1,50 DM), eine zusätzliche Gewinnklasse (4 Richtige
mit Zusatzzahl), eine neue Lotto-Show, die Reform des Fußball-Totos
sowie der Ausbau des Online-Systems sollen zukünftig für ein wachsendes
Interesse der Spieler sorgen.
Die Klassenlotterien konnten dagegen abermals kräftige Zuwächse
erzielen - nicht zuletzt dank der aufdringlichen Werbung, die
in persönlichen Anschreiben das Erzielen eines Hauptgewinnes suggeriert.
Glücksspiele mit höherem Suchtpotential, wie Geldspielautomaten
und Angebote in der Spielbank, weisen ebenfalls Umsatzsteigerungen
auf. Ihre Anteile an dem Gesamtumsatz lagen bei 25,4 bzw. 36,3%
(Abb. 1).

Mit dem Spiel um Groschen an 235.000 Geldspielautomaten wurden
nach Schätzung des Instituts für Wirtschaftsforschung in 1996
rd. 11 Mrd. DM umgesetzt. Bei Spielergewinnen von gut 60% verblieb
der Branche ein Brutto-Spielertrag (Kasseninhalt) von 4,28 Mrd.
DM. Weitere Zuwächse versprechen sich die Automatenaufsteller
von einer Änderung der Spielverordnung, nach der 12 statt bisher
10 Geldspielautomaten je Spielhalle bei einem Raumangebot von
mindestens 150 m2 aufgestellt werden können. Über einen entsprechenden Antrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft wird voraussichtlich im Herbst
1997 im Bundesrat entschieden. Gleichzeitig verstoßen die Hersteller
von Geldspielautomaten weiterhin gegen ihre eigenen "freiwilligen,
selbstbeschränkenden Vereinbarungen": An Geldspielautomaten können
Spieler in einer Folge von Sonderspielen über Angebote zum Risikospiel
mehr als die vereinbarten 150 Sonderspiele gewinnen. Bei einer
Trefferhäufigkeit von 70% und einer Merkmalsübertragung, die aus
100 Sonderspielen durchschnittlich 135 Sonderspiele werden läßt,
betrug der mittlere Gewinn einer Serie bisher 378 DM (bei einem
Einsatz von 0,40 DM). Über die Aufhebung der Begrenzung können
Serien einen mittleren Gewinnbetrag von 540 DM erbringen. Dies
bedeutet, daß der Spieler den ganzen Tag darauf hoffen kann, das
verspielte Geld "mit einem Schlag" zurückzugewinnen, obwohl ein
solcher Gewinn nur alle zwei bis drei Wochen auftritt. Ein zugelassener
Gerätetyp verstößt sogar gegen die Spielverordnung. An dem Gerät
"Xtra Pot" kann der Spieler eine 50er-Xtra-Serie über das Risikospiel
gewinnen, die durch Übertragung eines ihr eigenen Merkmals (sofern
in dieser Serie riskiert wird) auf eine Serie mit mittlerem Gesamtumfang
von 156,25 Sonderspielen anschwillt. In einem Spiel können so
mehr als 150 DM riskiert werden, um einen mittleren Gewinnbetrag
von 381,75 DM zu erzielen. Laut Spielverordnung dürfen bei Betätigung
der Risikotaste aber nicht mehr als 50 Sonderspiele gewonnen werden.
Im Zuge der Einführung des Euro strebt die Branche darüber hinaus
eine Erhöhung des Spieleinsatzes an. Vorgeschlagen wird das 30-Cent-Spiel.
Bei dem derzeitigen Wechselkurs (1 Euro = 1,89 DM) entspräche
dies einem Einsatz pro Spiel von 0,57 DM, verbunden mit höheren
Gewinnanreizen und Verlustmöglichkeiten für die Spieler. Schon
jetzt übersteigt der stündliche Durchschnittsverlust von 38,40
DM an einem Gerät den durchschnittlichen Stundenlohn eines (westdeutschen)
Industriearbeiters (brutto: 25,96 DM) bei weitem, so daß die juristische
Unterscheidung zwischen Geldspielautomaten als "Unterhaltungsautomaten
mit Gewinnmöglichkeit" (Gewerberecht) und "Glücksspielen" (Polizei-
und Ordnungsrecht) nicht mehr haltbar ist.
Bis zur Klärung dieser Rechtsfrage, die hoffentlich bald in Angriff
genommen wird, bleibt den Kommunen die Erhebung von Vergnügungssteuern,
um gesundheitspolitische Lenkungsziele zu verfolgen (1996: 587,5
Mio. DM). Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, "ist
die Auswahl des Steuergegenstandes für die Spielautomatensteuer
durch das Ziel gerechtfertigt, der Verbreitung der Spielsucht
entgegenzuwirken. Das Lenkungsziel besteht dabei (...) in dem
Bemühen, ein Verhalten, das Folgekosten für die Gemeinschaft verursachen
kann, unattraktiv zu machen" (Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
vom 1. März 1997, Az.: 2 BvR 1599/89 - 2 BvR 1714/92 - 2 BvR 1508/95).
Die obere Grenze vertretbarer Steuersätze, die die Rentabilität
der Geräte herabsetzen und ihre Anzahl verringern könnte, dürfte
in vielen Städten und Gemeinden noch nicht erreicht sein.
Die Spielbanken konnten ihren Umsatz in 1996 um 7,5% steigern,
u. a. dank der Neueröffnungen in Stuttgart und Halle. 7 Millionen
Gäste besuchten die derzeit 42 deutschen Spielbanken - 14 zusätzliche
Casinos sind bis zum Jahr 2000 geplant. Der Brutto-Spielertrag
der Spielbanken, d. h. der verbleibende Betrag nach Abzug wiederausgeschütteter
Gewinne (ohne Kostenanrechnung), stieg um rd. 100 Mio. DM auf
1,412 Mrd. DM.
Tabelle 2: Bruttospielertrag der Glücksspiele in Spielbanken (in Mio. DM)
Glücksspiel |
1993
|
|
1994
|
|
1995
|
|
1996
|
|
Glücksspielautomaten |
637,7
|
|
674,7
|
|
710,0
|
|
791,6
|
|
Roulette |
572,9
|
|
571,4
|
|
518,4
|
|
530,1
|
|
Black Jack |
61,8
|
|
57,9
|
|
58,0
|
|
66,1
|
|
Sonstige |
31,7
|
|
27,6
|
|
27,5
|
|
23,7
|
|
Das Roulette verliert weiter an Bedeutung (Tab. 2). Zwar erhöhte
sich der Brutto-Spielertrag um 2,3%, gleichzeitig legte der Ertrag
der Glücksspielautomaten aber um 11,5% zu. Ihr Anteil am Gesamtertrag
stieg auf 56%. In den Tronc sollen in den vergangenen Jahren weniger
Gelder geflossen sein, als bisher angenommen. Immerhin noch 125
Mio. DM sollen die "Zocker" (trotz ihrer Verluste) in die "Trinkgeldkasse"
der Spielbanken eingezahlt haben (nach 126 Mio. DM in 1995).

Die Einnahmen des Staates aus Glücksspielen (über Rennwett- und
Lotteriesteuer, Gewinnablieferung verschiedener Lotterien, Spielbankabgabe)
betrugen 6,828 Mrd. DM in 1996, nach 6,804 Mrd. DM in 1995 - eine
Steigerung um 0,4% (Abb. 2). Von den Gesamteinnahmen wurden 444
Mio. DM (1995: 440 Mio. DM) bzw. 6,5% in den neuen Bundesländern
erwirtschaftet.
Pathologisches Glücksspiel
Nach der Jahresstatistik 1996 der ambulanten Beratungs- und Behandlungsstellen
für Suchtkranke (EBIS) ist in 436 Einrichtungen bei 1.520 Klienten
die Einzeldiagnose "Pathologisches Spielverhalten" gestellt worden
(Tab. 3). Ihr Anteil unter den Zugängen mit abgeschlossener Diagnosestellung
lag damit bei 2,3% (Männer: 3,1%; Frauen: 0,5%). Die Diagnose
betraf 1.257 bzw. 158 Männer und 97 bzw. 8 Frauen in den alten
bzw. neuen Bundesländern. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die
absolute Zahl behandelter Personen mit Spielproblemen angestiegen.
Einem Zuwachs von 19,8% bei den Einzeldiagnosen steht eine Zunahme
von 2,9% bei den Hauptdiagnosen (1994: 998, 1995: 1.028, 1996:
1.058) gegenüber. Aufgrund der höheren Gesamtzahl erfaßter Klienten
hat sich der Anteil aber geringfügig verringert.
Tabelle 3: Pathologisches Spielverhalten bei Klienten ambulanter Beratungs-
und Behandlungsstellen, Zugänge: Einzeldiagnosen
Einzeldiagnose
|
Beratungsstellen
|
1994
N = 396
|
1995
N = 469
|
1996
N = 436
|
|
Ost
|
130
|
158
|
166
|
|
West
|
1.091
|
1.111
|
1.354
|
Pathologisches
Spielverhalten |
Gesamt
|
1.221
|
1.269
|
1.520
|
|
%
|
2,5
|
2,5
|
2,3
|
Gesamtzahl der Klienten (100%) |
49.563
|
51.189
|
65.573
|
Quelle: EBIS-Berichte
Der Vergleich von Klienten mit unterschiedlichen Hauptdiagnosen
hinsichtlich der Verschuldung zeigt auf (Tab. 4), daß pathologische
Spieler deutlich höhere Schulden aufweisen. Der Anteil von Klienten,
die keine Schulden haben, ist mit 15,1% vergleichsweise gering.
Bei mehr als der Hälfte (55,8%) beträgt die Verschuldung über
10.000 DM, während dies beispielsweise nur 23,3% der Opiatabhängigen
oder 30,4% der Kokainabhängigen betrifft.
Tabelle 4: Hauptdiagnose und Verschuldung bei Klienten ambulanter Beratungs-
und Behandlungsstellen (Männer)
|
|
Ausmaß der Verschuldung (in DM)
|
Hauptdiagnose |
|
keine Schulden
|
bis 5.000
|
5.000 - 10.000
|
10.000 - 50.000
|
mehr als 50.000
|
Alkohol |
n=8073 |
65,9%
|
11,9%
|
8,0%
|
10,2%
|
4,1%
|
Opiate |
n=2054 |
31,5%
|
27,7%
|
17,6%
|
19,0%
|
4,3%
|
Cannabis |
n=360 |
61,9%
|
20,3%
|
8,6%
|
7,8%
|
1,4%
|
Sedativa/Hypnotik |
n=81 |
51,9%
|
16,0%
|
4,9%
|
18,5%
|
8,6%
|
Kokain |
n=214 |
34,6%
|
18,2%
|
16,8%
|
24,8%
|
5,6%
|
Halluzinogene |
n=60 |
66,7%
|
23,3%
|
5,0%
|
5,0%
|
|
Eßstörungen |
n=15 |
93,3%
|
|
|
6,7%
|
|
path. Spielverhalten |
n=378 |
15,1%
|
13,5%
|
15,6%
|
39,9%
|
15,9%
|
Quelle: EBIS-Berichte
Für die Klienten, die eine Therapie im engeren Sinne durchlaufen
und planmäßig abgeschlossen haben, konnte aus Sicht der Therapeuten
ein beachtlicher Erfolg bezüglich des süchtigen Spielverhaltens
erreicht werden (Abb. 3). 37,4% wurden als abstinent und 43% als
gebessert eingestuft. Wurde die Behandlung allerdings vorzeitig
beendet, war bei 62,8% der Klienten keine Veränderung im Suchtverhalten
feststellbar. Der Anteil der Abbrüche durch die Klienten liegt
mit 53% (Männer) bzw. 51% (Frauen) - auch im Vergleich mit stoffgebundenen
Abhängigkeiten - relativ hoch.

In (ausgewählten) stationären Therapieeinrichtungen ist gegenüber
1995 ein leichter Anstieg der Anzahl durchgeführter Behandlungen
von pathologischen Spielern erkennbar (Tab. 5). Insgesamt wurden
in den fünf Einrichtungen in 1996 264 Spieler behandelt, nach
238 in 1995. Der Jahresbericht des stationären einrichtungsbezogenen
Dokumentationssystems in der Suchtkrankenhilfe (SEDOS) weist dagegen
für 1996 lediglich 124 Hauptdiagnosen "Pathologisches Spielverhalten"
bei den behandelten Patienten (0,9% der Beender) und 279 bzw.
130 Einzeldiagnosen "Automatenspiel" und "Glücksspiel" in 109
Einrichtungen aus.
Tabelle 5: Anzahl der behandelten Glücksspieler in
ausgewählten stationären Versorgungseinrichtungen
|
Erhebungsjahr |
Stationäre Einrichtung |
1984
|
1985
|
1987
|
1989
|
1991
|
1993
|
1995
|
1996
|
Fachkrankenhaus Nordfriesland, Bredstedt |
1
|
1
|
21
|
35
|
47
|
64
|
76
|
74
|
Allgemeines Krankenhaus Ochsenzoll, Hamburg |
10/20
|
30/40
|
38
|
51
|
64
|
40
|
32
|
26
|
Berhard-Salzmann-Klinik, Gütersloh |
-
|
1
|
18
|
20
|
16
|
35
|
58
|
67
|
Therapiezentrum Münzesheim, Kraichtal |
2
|
3
|
10
|
23
|
28
|
26
|
25
|
36
|
Fachklinik Münchwies, Neunkirchen-Saar |
-
|
-
|
7
|
16
|
51
|
45
|
47
|
61
|
Quelle: Eigene Erhebung
Die Kontakt- und Meetingübersicht der "Anonymen Spieler" (AS)
weist in 1996 101 Gruppentreffen in 72 Städten auf - fünf weniger
als in 1995 (Abb. 4). Darüber hinaus bestehen in zahlreichen Städten
Spieler-Selbsthilfegruppen, die nicht nach dem AS-Programm vorgehen.

Vor dem Hintergrund der Therapienachfrage von Spieler/innen in
ambulanten Suchtberatungsstellen und einem Vergleich mit der Therapienachfrage
der geschätzten 2,5 Mio. Alkoholabhängigen ergibt sich - basierend
auf den Daten für 1993 - eine Gesamtzahl von rund 100.000 beratungs-
und behandlungsbedürftigen Glücksspieler/innen in Deutschland.
Dies entspricht einem Anteil an der Bevölkerung von 0,12%.
Problemfelder
Glücksspiele im Internet
Glücksspiele werden in jüngster Zeit zunehmend auch über das Internet
angeboten. In virtuellen Casinos können bundesdeutsche Spieler
ihr Geld beim Roulette, Black Jack oder Poker riskieren. Aus Personalcomputern
lassen sich mit Hilfe der Technik virtuelle Spielautomaten gestalten,
deren Walzen sich per Maus-Klick in Bewegung setzen und im Sekundentakt
über Gewinn oder Verlust entscheiden. Die Betreiber der Internet-Casinos
haben ihren Geschäftssitz nicht selten in der Karibik - in Ländern,
die entsprechende Möglichkeiten bieten. Aber auch europäische
Anbieter von Glücksspielen nutzen inzwischen das Internet. Ein
österreichisches Unternehmen (Intertops) bietet Sportwetten an
- 95% der Kunden sind Bundesbürger. Eine Liechtensteiner Firma
(Interlotto) verkauft Lotterietickets ("6 aus 40" sowie eine Computervariante
der "Rubbellose") exklusiv über das Internet. In Finnland ist
für 1997, nach bereits erfolgter Erprobungsphase, der Start virtueller
Spielautomaten und Lotterien geplant, die allerdings nur für finnische
Staatsbürger zugänglich sein sollen.
Nach deutschem Glücksspielrecht sind derartige Angebote zur Zeit
nicht genehmigungsfähig. Nichtsdestotrotz gibt es einen ersten
inländischen Wettanbieter im Internet (Sportwetten GmbH Gera),
der seine Lizenz in Zeiten rechtlicher Unsicherheit vor der Wiedervereinigung
erworben hat. In vielen Schubladen liegen darüber hinaus Pläne,
sich an dem lukrativen Geschäft zu beteiligen - bspw. bei der
Stiftung Deutsche Sporthilfe (Wirtschafts-woche, Nr. 27, 26.06.97).
Eine Strafverfolgung ausländischer Anbieter ist aufgrund eines
rechtsfreien Raumes nicht möglich. Neufassungen der § 284, 286
StGB, die eine Einbeziehung der neuen Medien vorsehen, sollen
hier in Zukunft Abhilfe schaffen (Bundesrat, Drucksache 164/2/97).
Damit ist das Problem unkontrollierbarer Zugänge zum Glücksspiel
aber keinesfalls gelöst. Das Internet bietet Spiele ohne Grenzen.
Gespielt wird zwar von Deutschland aus, in der virtuellen Realität
steht das Casino aber in der Karibik. Solange das Glücksspiel
auf einer exotischen Insel stattfindet beziehungsweise die Betreiber
dort ihren Geschäftssitz haben, unterliegt es nicht der hiesigen
Rechtsprechung.
In einer amerikanischen Studie ("Internet Gambling Report") zum
Konflikt zwischen Technologie, Politik und Recht benennt Cabbot
(1997) sechs Zielgruppen für eine Kontrolle von Glücksspielen
im Internet:
- Betreiber der Internet-Sites,
- Internet Service Provider und Online-Service,
- Index-Provider,
- Sites mit Werbung für Glücksspiele,
- Geldtransfer-Provider und
- Teilnehmer am Glücksspiel.
Die Analyse der praktischen Probleme bei der Kontrolle der Zielgruppen
zeigt auf, daß der einzelne Staat kaum erfolgversprechende Regulationsmöglichkeiten
hat. Die größten Erfolgsaussichten bestehen noch in der Einflußnahme
auf Kreditkartenunternehmen oder andere Unternehmen, die Gelegenheiten
zum Geldtransfer zur Verfügung stellen. Anstrebenswert wäre eine
Regelung auf internationaler Ebene, beispielsweise im Rahmen der
Vereinten Nationen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß das Glücksspiel
- bei den vorhandenen Konfliktfeldern - als ein derart gravierendes
Problem angesehen wird, daß dagegen etwas unternommen werden müßte.
Ein internationaler Vertrag zur Nutzung des Internets mag erreichbar
sein, seine Effektivität hängt aber von universeller Akzeptanz
ab. Wenn nur ein einziges Land seine Zustimmung verweigert, könnte
es zum Eldorado für Internet-Casinos werden oder zur Scheinadresse
für Anbieter aus der ganzen Welt. Cabbot (1997) zieht aus seiner
Analyse die Schlußfolgerung, daß es letztendlich völlig irrelevant
ist, ob Glücksspiele im Internet legal sind, da der Staat nur
wenig unternehmen kann, um sie zu unterbinden.
In den USA wird sich eine auf höchster politischer Ebene eingerichtete
Kommission ("National Gambling Impact Study Commission") mit dem
Problemfeld der Glücksspiele im Internet befassen. Diese Kommission
hat den zweijährigen Auftrag, die sozialen und ökonomischen Auswirkungen
des Glücksspiels auf die Gesellschaft zu untersuchen. Neben dem
Effekt des Angebotes im Internet soll sie u.a. auch den Zusammenhang
zwischen Glücksspiel, Kriminalität und pathologischem Glücksspiel
beurteilen.
Noch stehen einer massenhaften Nutzung allerdings einige Hindernisse
im Weg, die mit der neuen Technologie verbunden sind. Der Datentransfer
über das Internet braucht noch zu viel Zeit. 5 Sekunden und mehr
bis zur nächsten Karte beim Black Jack können auf Dauer keinen
"Zocker" reizen. In Zeiten hoher Frequentierung kann es mitunter
sogar zum "Geduldspiel" werden, trotz eines schnellen Modems.
Spieler erwarten darüber hinaus die unmittelbare Auszahlung erzielter
Gewinne, was sich über das Internet noch nicht realisieren läßt.
Der Geldtransfer ist bisher ohnehin die große Schwachstelle. Die
Betreiber verlangen vom Spieler persönliche Angaben, wie beispielsweise
die Kreditkartennummer, verbunden mit der Gefahr des Mißbrauchs
und der Aufgabe der Anonymität. Die Kreditwirtschaft und Internet-Browser
arbeiten verstärkt an der Entwicklung sicherer, vertrauenserweckender
Transfersysteme, da dies nicht nur das Glücksspiel sondern den
gesamten Handel über das Internet betrifft. Neue Methoden der
Datenverschlüsselung und virtuelle Währungen (Digital- oder Cyber-Cash)
werden in Zukunft den Zugang regeln. Die Betreiber von Glücksspielen
müssen außerdem das Vertrauen der Spieler in ihre Bonität sowie
in einen ordnungsgemäßen und ehrlichen Spielablauf gewinnen. Ob
beim virtuellen Roulette letztendlich der Zufall oder manipulierte
Programme über den Ausgang des Spiels entscheiden, ist nicht nachvollziehbar.
Vor einer Teilnahme an Glücksspielen im Internet ist daher nicht
zuletzt aus Gründen des mangelnden Schutzes vor Betrugsdelikten
und des unsicheren Geldtransfers zu warnen.
Doch die Schwierigkeiten sollten nicht darüber hinwegtäuschen,
daß schon in wenigen Jahren ein attraktives Angebot mit hohem
Spielanreiz vorhanden sein wird. Die Aussicht auf das Milliardengeschäft
wird die Kreativität der Betreiber fördern und die Lösung der
internen Probleme unaufhaltsam vorantreiben. Nach Prognosen des
"International Gaming and Wagering Business"-Magazins (1997, 18,
4) werden im Jahr 2000 weltweit 170 Mio. potentielle Spieler rd.
8,6 Mrd. Dollar im Internet "verzocken".
Sind die anfänglichen Hürden erst überwunden, werden sich im Internet
Glücksspiele präsentieren, deren Suchtpotential als außerordentlich
hoch einzuschätzen ist. Sie sind praktisch uneingeschränkt verfügbar
und gewährleisten eine rasche Spielabfolge und ein breites Spektrum
an Einsätzen, Gewinnen und Verlusten. Der Kontrollverlust tritt
schneller ein, da bargeldlos gespielt wird. Eine "soziale Kontrolle"
ist nicht mehr möglich, der Internet-"Zocker" kann sich vom virtuellen
Casino im Wohnzimmer aus ruinieren, ohne daß es jemand bemerkt.
Die verbleibende Zeit, bis vertrauenserweckende Systeme für den
Geldtransfer entwickelt und die Spieler von der Seriosität der
Anbieter überzeugt werden können, sollte für eine kreative Gestaltung
präventiver Maßnahmen genutzt werden. Während der Schutz von Kindern
vor einer Beteiligung am virtuellen Glücksspiel noch durchsetzbar
erscheint, dürfte der Schutz vor einer Ausbeutung der Spielsucht
eher unrealistisch sein. Ein Staat, der das Glücksspiel als lukrative
Einnahmequelle entdeckt hat, wie nicht zuletzt der Boom der Spielbanken
in Deutschland zeigt, wird allenfalls darauf achten, daß ihm potentielle
Gelder nicht verlorengehen.

Literatur
Cabot, A. (1997): The Internet Gambling Report. Las Vegas: Trace
Publication.
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